Im Fokus

Modulentwicklungsrahmen – Blogartikel 1 – Themenfindung und Eingrenzung der Inhalte 

In dieser Blogreihe geben wir einen Einblick in den Entwicklungsprozess der Module für die KMU.Einfach Sicher.-Weiterbildungsplattform. Im ersten Teil liegt der Fokus darauf, wie wir passende Lerninhalte finden und aufbereiten.

Wie werden Themen gefunden?  

Zentraler Punkt bei der Themensuche ist stets die Relevanz für die Endanwender*innen. Daher haben wir uns gefragt: Welche Themen bieten für unsere Zielgruppe „Mitarbeitende in KMU ohne besondere Vorkenntnisse im Bereich IT“ einen Mehrwert?  Unserer Erfahrung nach ist es sehr sinnvoll, Personen in den Prozess einzubeziehen, die keine Expert*innen sind, da eine weitere Perspektive potenzielle blinde Flecke verkleinert.  
Ist ein Themenfeld, beispielsweise „Digitale Kommunikation“ gefunden, wird dieses Thema umfassend analysiert. Hierzu hat sich über die Zeit des Projektes eine Methode bewährt, die wir nun erklären.  

Die Rekonstruktion des Themenfeldes im Kontext des Interaktionsalltages 
Zunächst versuchen wir, ausgehend vom Arbeitsalltag von Mitarbeitenden in KMU relevante Themen zu identifizieren, z. B. „Digitale Kommunikation.“ Um das Thema aufzubereiten, analysieren wir relevante Aspekte und schauen uns an, wie die Interaktion des Menschen mit digitalen Artefakten im Arbeitsalltag wie beispielsweise Software funktioniert. Dies ist unerlässlich, um das entsprechende Thema passend für die jeweilige Zielgruppe aufzubereiten.

Übergeordnete Ziele 

Die Weiterbildungen von KMU.Einfach Sicher. verfolgen grundsätzlich immer zwei Ziele, die im ausgewogenen Verhältnis zueinanderstehen. Diese zwei Ziele werden bei der Themenwahl und Aufbereitung immer reflektiert und balanciert: 

  1. Die Mitarbeitenden sollen über fachliche Inhalte aufgeklärt werden, damit sie in der Lage sind, Sicherheitsrisiken zu einem kleinen Teil autonom einzuschätzen (Handlungsfähigkeit). 
  1. Die Kompetenz im Umgang mit digitalen Technologien der Mitarbeitenden soll gefördert werden, indem relevante Alltagsbeispiele genutzt, sowie Tricks & Kniffe vermittelt werden (Medienkompetenz). 

Des Weiteren sind folgende Aspekte und dazugehörige Leitfragen im Rahmen der genaueren Analyse der Themen von Interesse: 

  • Entwicklungspfad des Arbeitsalltages 
    Hierbei wird Bezug auf die geschichtliche Entwicklung, den gegenwärtigen Stand und die erwartbaren Entwicklungen und Veränderungen im Arbeitsalltag der Zielgruppe genommen. Wurde neue Software eingeführt, die Sicherheitsprobleme veränderte? Welche Veränderungen der Software oder Endgeräte in der Vergangenheit hat zusätzliche Belastungen seitens der Mitarbeitenden hervorrufen können?  Mit Blick auf das Beispiel “Digitale Kommunikation” wäre hier mobiles Arbeiten, die Nutzung von Mails auf dem privaten Smartphone und die sich damit ändernden Rahmenbedingungen ein wichtiger Aspekt. 
  • Lernvoraussetzungen der Mitarbeitenden 
    Die Lernvoraussetzungen werden bei der Entwicklung von den Weiterbildungsinhalten immer mit einbezogen. Zwar kann nicht auf jede Person individuell eingegangen werden, jedoch kann es sinnvoll sein sich über Stereotype in den Unternehmen, typische Fehlvorstellungen oder auch gefährliche Handlungsmuster von Mitarbeitenden Gedanken zu machen. Im Beispiel “Digitale Kommunikation” wäre eine Fehlvorstellung, dass eine Mailadresse nicht gefälscht werden kann, das unreflektierte Klicken von Mailanhängen oder die Ansicht, dass man selbst gar nicht interessant genug ist, um Ziel von Phishing zu werden.
  • Analyse des Arbeitsalltages 
    In verschiedenen Bereichen des Arbeitsalltages nutzen  die Mitarbeitenden verschiedene Software oder Geräte. Im Rahmen dieses Nutzungsalltagsgibt es Punkte, die durchaus Sicherheitsrelevant sind. Durch eine Analyse des Arbeitsalltages können diese Punkte identifiziert werden und im Verlauf der Inhaltsentwicklung als Orientierung für die Findung von Beispielen genutzt werden. Im Falle des Beispiels „digitale Kommunikation” sind hier beispielsweise Social Engineering, Phishingmails, Mailanhänge, Spoofing als konkrete Themen zu nennen. Darüber hinaus hat ein hohes Mailaufkommen oder auch Stress zusätzlich einen negativen Einfluss, der berücksichtigt werden muss.  
  • Lern- und Lehrziele – Wie kann Handlungsfähigkeit und Medienkompetenz gefördert werden? 
    Die Lernziele ergeben sich aus den Ergebnissen der Analyse zuvor. Ist der Arbeitsalltag bekannt, die Lernvoraussetzungen berücksichtigt und auch die Veränderung des Arbeitsalltages in der Vergangenheit und Zukunft durchleuchtet, können Lernziele formuliert werden, die diese Erkenntnisse berücksichtigen. Im Beispiel “Digitale Kommunikation” wäre ein Lernziel beispielsweise, die Medienkompetenz zu steigern, indem Serienmails und Textbausteine erläutert werden, während ein zweites Ziel wäre, dass das Funktionsprinzip von Phishingmails verstanden wird, um in gewissen Situationen handlungsfähig zu bleiben.  

Ein Beispiel so einer Rekonstruktion finden sie in der Grafik. Dieser Vorgang ist recht umfangreich, erlaubt aber eine systematische Analyse des Gegenstands. Mit der Zeit entwickelt man durch Erfahrung eine gewisse Routine, wodurch der Prozess beschleunigt wird. Zentraler Aspekt sollte immer der Nutzungsalltag der Endanwender*innen im Kontext derer Berufe sein.

Wie werden Inhalte eingegrenzt? 

Auf Basis der Analysen ergeben sich mehrere Möglichkeiten, das Themenfeld abzustecken. Im Prozess wird nun eine inhaltliche Auswahl getroffen, bei der die Relevanz des Themenfeldes für die Zielgruppe das zentrale Kriterium ist. In dem Themenfeld „Digitale Kommunikation“ haben wir die Kommunikation via E-Mail als Thema ausgewählt, denn E-Mails sind weiterhin ein vielgenutztes Kommunikationsmittel und besitzen daher für die Anwender*innen eine sehr hohe Relevanz. Wir nehmen dabei an, dass mit dem Fokus auf einen hochrelevanten Bereich für die Zielgruppe bereits signifikante Ergebnisse erzielt, werden können. Hintergrund dessen ist das Paretoprinzip, auch 80-20-Regel genannt, welches besagt das mit 20% Arbeitsaufwand schon 80% der Probleme gelöst werden können. Aus der Rekonstruktion des Themenfeldes im Arbeitskontext werden nun sicherheitsrelevante Aspekte abgeleitet. Die Leitgedanken und Lernziele des Modules werden darüber hinaus geschärft. Diese sollten möglichst sauber ausformuliert werden, damit eindeutig abgesteckt ist, worum es geht und was die Ziele sind. In unserem Beispiel Mailen ist der Leitgedanke wie folgt formuliert: 

„Wir zeigen Ihnen, wie bekannte Betrugsmaschen auch im digitalen Raum erfolgreich genutzt werden und vor welchen Hürden die Angreifer stehen, die diese nutzen. Sie lernen so in Zukunft souveräner, betrügerische Nachrichten zu identifizieren, sparen Zeit und lernen gleichzeitig Tricks kennen, um mit der Nachrichtenflut umgehen zu können.“ 

Lernziele werden in unserem Beispiel wie folgt definiert: 

  • Die Lernenden kennen gängige Betrugsmaschen und reflektieren ihr individuelles Verhältnis zu diesen. 
  • Die Lernenden können die gängigen Betrugsmaschen auf den digitalen Raum übertragen 

Hierbei beziehen wir bekannte Beispiele, die die Lernenden aus Ihrem Alltag kennen, wie z.B. Serienbriefe, auf das ausgewählte Themenfeld. Der hier vollzogene Perspektivwechsel auf die Arbeitsweisen der Betrüger vermittelt dabei ein tiefgründigeres Verständnis für die Betrugsmaschen und entzaubert ihre “Magie”.  

Auch hinsichtlich der Frage, wie diese Lerninhalte vermittelt werden sollen, haben wir eine Methode entwickelt. Hier haben sich Meetings mit möglichst diverser Besetzung als günstig dargestellt. Nach unserer Erfahrung hat es sich nicht bewährt, wenn „Expert*innen“ dieses ausarbeiten, da hier häufig zu schnell in technische Details und unnötige Komplexität abgedriftet wird, die für die Lerninhalte nicht sinnvoll sind.  
Als Vermittlungsträger haben wir uns in diesem Projekt für Personas, also fiktive Persönlichkeiten die gewisse Stereotype erfüllen, entschieden. Die Arbeit mit diesen Personas erlaubt verschiedene Persönlichkeitscharakteristika zu berücksichtigen und eine diverse Gruppe von Lernenden anzusprechen. 
Die Ausarbeitung und Schärfung der Inhalte durchläuft hierbei mehrere Iterationen bis es in den nächsten Produktionsschritt, von der Aufbereitung zur Entwicklung, geht. 

Digitale Tools erleichtern die gemeinsame Arbeit 

Sinnvoll für das kollaborative Arbeiten in einem Projekt sind Tools, die das gemeinsame Bearbeiten, Kommentieren und auch eine Versionsverwaltung unterstützen. In unserem Projekt wurden Microsoft Teams und Trello für die Kommunikation und Organisation, sowie Microsoft 365 für das gemeinsame Arbeiten an Dokumenten verwendet. 

Prozessabfolge

Folgende Grafik stellt die Feedbackschleifen und Prozessabfolgen dar. 

Feedbackschleifen und Prozessabfolgen

Ausblick

Dies ist der erste Artikel in einer Reihe von mehreren Artikeln. In dem nächsten Blogbeitrag werden wir den Prozess von der Aufbereitung zur Entwicklung näher betrachten.

HIS – Rekonstroktion zum Thema Digitale Kommunikation

Bild des Projektmitarbeiters Andreas Gödecke

Andreas Gödecke

Didaktik der Informatik
Universität Paderborn


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