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Lernen nur durch Text? Das liegt nicht jedem. Und vor allem beim digitalen Lernen gibt es zahlreiche interaktive Möglichkeiten, die Wissensvermittlung spannender zu gestalten. Quelle: Pixabay

Online-Weiterbildungsangebote spannend gestalten

Wie Interaktionselemente verschiedene Lerntypen unterstützen können

Fast jeder hat bestimmt schon einmal davon gehört: Während einige Menschen mit reinem Text am besten lernen, brauchen andere etwa Bilder oder Diagramme, um Wissen zu verinnerlichen. Und wieder anderen fällt es leichter, Informationen durch gesprochene Sprache aufzunehmen. In den Bildungswissenschaften spricht man dabei von unterschiedlichen Lerntypologien. Dieser Blogartikel zeigt, wie eine Klassifizierung verschiedener Lerntypen und die Nutzung von interaktiven Elementen dabei helfen kann, einen Online-Weiterbildungskurs so aufzubauen, dass möglichst viele Personen damit gut lernen können.

Welche Lerntypen gibt es?

Laut Hal Pashler und weiteren Psychologen, die sich in ihrem Buch ausgiebig mit Lernkonzepten auseinandersetzt, existieren im Jahr 2008 insgesamt 71 unterschiedliche Modelle von Lerntypologien. Viele von ihnen, schreibt Erich Schäfer im Buch Lebenslanges Lernen, genügten allerdings nicht den fundamentalen Kriterien wissenschaftlicher Forschung. Obwohl Frederic Vesters Definition der vier Lerntypen nach Auffassung der Lernpsychologie als oberflächlich und inkonsistent angesehen wird, haben sich seine Lerntypen – trotz fehlender empirischer Belege – größtenteils in der Allgemeinheit durchgesetzt.

LerntypErklärung
auditivLernen durch Hören und Sprechen:
Personen, die sich dem auditiven Lerntyp zuordnen lassen, können sehr gut auch längere Zeit konzentriert zuhören. Im Gegensatz zu Texten, Grafiken und Bildern helfen ihnen vor allem Erklärungen in gesprochener Sprache. Geschriebene Notizen sind nicht notwendig, um sich Informationen zu merken.
optisch-visuellLernen durch Sehen und Beobachten:
Optisch-visuelle Lerntypen lernen am besten mit Grafiken, Diagrammen, Bildern, Videos oder Animationen. Insbesondere eine schematische Darstellungen der zu lernenden Informationen hilft ihnen dabei, sich die Inhalte einzuprägen. Entsprechend enthalten ihre Notizen häufig Zeichnungen.
haptisch-kinästhetisch / motorischLernen durch Anfassen und Fühlen:
Die haptisch-kinästhetischen Lerntypen, auch motorische Lerntypen genannt, lernen durch Bewegungen am besten. Etwa wenn sie etwas mit ihren Händen tun können. Auch praktische Übungen liegen ihnen besser als abstrakte, theoretische Aufgaben.
kognitiv-intellektuell / kommunikativLernen durch Lesen, Denken und Kommunikation mit anderen:
Wer sich als kognitiv-intellektueller bzw. kommunikativer Lerntyp einschätzt, eignet sich Wissen am liebsten durch intensives Nachlesen, Nachdenken an. Auch Gespräche oder Diskussionen, etwa während Gruppenarbeiten, hilft ihnen beim Verstehen der Informationen.
Die vier Lerntypen nach Vester einfach erklärt. Quelle: sdg.de
Häufig wird zwischen den vier Lerntypen nach Vester unterschieden: auditiv, optisch-visuell, haptisch-kinästhetisch und kognitiv-intellektuell bzw. kommunikativ. Quelle: Collage / pexels.com [1, 2, 3, 4]

Wie in der obigen Tabelle deutlich wird, unterscheidet Frederic Vester nach auditiven, optisch-visuellen, haptisch-kinästhetischen und kognitiv-intellektuellen Typen. Ein fünfter Lerntyp, der kommunikative, wurde basierend auf Vesters Ideen von seinen Nachfolger*innen entwickelt, wird oft aber auch dem koginitiv-intellektuellem Lerntyp zugeordnet. Seither werden diese vier bzw. fünf Lerntypen etwa von Selbsttests im Internet genutzt, um Nutzer*innen in entsprechende Kategorien einzuteilen. Es scheint, als gäbe es eine unzählige Menge an solchen Tests, die sich leicht über eine Internetsuche finden lassen. Schwieriger ist hingegen die Beurteilung, wie geeignet ein Test tatsächlich ist.

Zudem unterscheiden sich die Bezeichnungen von Test zu Test teilweise sehr stark. Während auf einer Seite von Checkern, Machern, Lauschern und Schnackern die Rede ist, wird man in einem anderen Test entweder dem partysüchtigen Torschlusspaniker, dem einsiedlerischem Buchstabenfresser, dem lückenmutigem Gesellschaftslerner oder dem unterstreichungswütigem Rausschreiber zugeordnet.

Fakt ist aber: Verschiedene Menschen lernen auf unterschiedliche Arten unterschiedlich gut. Und die meisten Menschen sind eher Mischtypen, statt ausschließlich etwa visuelle Lernende. Um nun all diese verschiedenen Lerntypen mit einem einzigen Lernmodul zu erreichen, sollten entsprechend verschiedene Lernelemente eingebracht werden. Neben Text (für die kognitiv-intellektuellen Typen) sollten etwa auch Bilder oder Videos (für optisch-visuelle und auditive Typen) verwendet werden. Quizze oder freie Textfelder geben andererseits etwa den kommunikativen Typen mehr Freiraum, sich beim Lernen zu entfalten.

Welche Interaktionselemente können eingesetzt werden?

Eine gute Möglichkeiten, mehrere Lerntypen gleichzeitig anzusprechen, bietet neben reinen Texten und Grafiken insbesondere der Einsatz von Interaktionselementen. Diese sind in ihrer Wirkung nicht nur sehr vielfältig, da sie grundsätzlich jede Art von Medien enthalten können, sondern sind auch – wie der Name schon verrät – interaktiv. Die Nutzer*innen sind dazu angehalten, sich aktiv mit dem Inhalt des Moduls auseinanderzusetzen. Durch das tiefergehende Nachdenken während des Bearbeitens bleibt das Gelernte länger im Gedächtnis. Denn „wer engagiert bei der Sache ist, der lernt besser“, schreibt Webcampus und beruft sich dabei auf zahlreiche Studien.

Mit interaktiven Elementen schlagen Sie somit zwei Fliegen mit einer Klappe: Sie helfen dabei, dass die Nutzer sich die Inhalte besser einprägen, und sie erhöhen den Spaß – und damit die Motivation.

Webcampus – Über den Nutzen und die Vorteile von interaktiven Lernmaterialien

Für die meisten Lerntypen ist die Nutzung von solch interaktiven Elemente außerdem spannender als das bloße Lesen eines Textes. Bietet das Interaktionselement zudem zwischendurch oder am Ende eine Erfolgsmitteilung für eine richtige Eingabe, führt das für die Nutzer*innen zu einem Glücksgefühl und sie sind im besten Fall motivierter, das Modul weiterzubearbeiten.

Im Folgenden stelle ich eine Auswahl an solchen Interaktionselementen vor erkläre, wie diese geeignet eingesetzt werden können:

Videos

H5P-Beispiel aus der KMU. Einfach Sicher.-Weiterbildung zum Thema Mailen. Zwischen den Erklärvideos werden kurze Quizfragen eingeblendet, die die Nutzer*innen zur aktiven Teilnahme motivieren. Quelle: KMU. Einfach Sicher.

Videos sind in ihrer natürlichen Form normalerweise nicht besonders interaktiv. Es gibt aber zahlreiche Möglichkeiten, Lernvideos um interaktive Elemente zu erweitern. Ein prominentes Beispiel ist H5P, das es den Autor*innen eines Lernmoduls erlaubt, Zwischenfragen an bestimmte Stellen eines Videos einzufügen. So wird sichergestellt, dass die Aufmerksamkeit der lernenden Person erhalten bleibt und sie sich aktiv mit dem soeben aufgenommenen Inhalt beschäftigt. Falls die Person weiß, dass zwischendurch Fragen in einem Quiz gestellt werden, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass die Person dem Videoinhalt aufmerksamer folgt, um auf die kommenden Fragen besser vorbereitet zu sein.

Eine weitere Möglichkeit, Videos interaktiv zu gestalten, ist es, die Nutzer*innen über den weiteren Verlauf des Videos selbst bestimmen zu lassen. Nach einem Clip erscheinen verschiedene Optionen, wie das Video weiterlaufen soll. Die Zuschauer*innen können so die Story des Videos beeinflussen und sich etwa auf ein Thema fokussieren, dass sie besonders interessiert. Ein Beispiel für so eine Art von interaktivem Video bietet Netflix mit dem Film Black Mirror: Bandersnatch. Das Prinzip lässt sich aber natürlich auch auf Lehrvideos übertragen. Zu Bedenken ist dabei jedoch, dass erheblich mehr Videomaterial produziert werden muss, als eine einzelne Person sehen wird. Im Fall von Black Mirror: Bandersnatch stehen für den mit 90 Minuten angegebenen Film knapp fünf Stunden Film-Material zur Verfügung.

Eingabefelder mit direktem Feedback

Ein solches Element wird etwa im Modul „Einfach Sicher – Einloggen“ zu sicheren Passwörtern auf der KMU. Einfach Sicher.-Weiterbildungsplattform verwendet. Hier können die Nutzer*innen ein Passwort in ein Textfeld eintippen, während parallel ein kleines Skript nach jeder Eingabe die Sicherheit des Passwortes auswertet. Ein ähnliches Prinzip wird oft auf Websites beim Erstellen eines Accounts oder in Passwortmanagern beim Anlegen eines Passworts verwendet. Die Funktionsweise ist hierbei sogar sehr simpel. Das Skript zählt lediglich die Anzahl an Sonderzeichen, Zahlen und verschiedenen Buchstaben und gibt anhand dessen einen Score zur Sicherheit des Passworts aus. Das Prinzip lässt sich aber genauso gut auf andere Bereiche übertragen. Beim Sprachenlernen könnte ein Textfeld Feedback dazu geben, wie förmlich ein Satz wirkt.

Interaktives Eingabefeld aus dem Modul »Einfach Sicher – Einloggen«. Quelle: KMU. Einfach Sicher.

Minigames

Seit einiger Zeit finden in den Bildungswissenschaften Computerspiele immer mehr Beachtung. Wie in klassischen Videospielen, die der hauptsächlich der Unterhaltung und der Entspannung dienen, spielen sich die Nutzer*innen auch bei den Lernspielen etwa durch verschiedene Level und müssen mit Geschick und Kreativität herausfordernde Aufgaben lösen, um in das nächste Level aufzusteigen oder das Spiel erfolgreich zu gewinnen.

Drei solcher Beispiel hat der Fachbereich Technik und Wirtschaft der Hochschule Aalen bisher auf ihrer Website BAKgame veröffentlicht. Die Minigames, die sich alle um das Thema IT-Sicherheit drehen, funktionieren ohne spezielle Software in den meisten Browsern und können so ohne große Hindernisse auf Weiterbildungsplattformen verlinkt oder eingebettet werden:

Wo könnte hier das Passwort „versteckt“ sein? Quelle: BAKgame
  • PhishingQuiz: Die Oberfläche des Spiels ist einem E-Mail-Programm nachempfunden. Nach und nach erscheinen neue E-Mails, die die Spieler*innen mit Labels markieren sollen – je nachdem es sich um eine gefährliche Phishing-E-Mail oder eine vertrauenswürdige Nachricht handelt. Jede richtig einsortierte E-Mail gibt Punkte, die aufsummiert werden.
  • Password-Game: In diesem Minigame nehmen die Spieler*innen die Rolle eines bzw. einer Hacker*in ein. Sie sehen vor sich einen Computerarbeitsplatz einer fremden Person und sollen das Passwort für die Anmeldung am PC herausfinden. Dazu können die Nutzer*innen verschiedene Elemente wie Tastaturen oder Familienfotos umdrehen und nach einer Notiz mit dem Passwort suchen. Das Spiel ist gewonnen, wenn die Anmeldung erfolgreich funktioniert hat. Dabei werden die Spieler*innen darüber sensibilisiert, wo sie ihre Passwörter nicht verstecken sollten.
  • SecurityCards: Hacker*innen haben sich Zugang zu den IT-Systemen Ihres Unternehmens verschafft. Wie sollten Sie als Chef*in jetzt handeln, damit das Unternehmen nicht bankrott geht? In diesem Spiel können die Nutzer*innen auf solche Ereignisse mit einer Auswahl von Aktionen reagieren. Ob Sie die richtige Entscheidung getroffen haben, erfahren die Spieler*innen möglicherweise aber erst einige Runden später.

Die Entwicklung solcher Minigames ist aufwändig und kostenintensiv. Sie kann sich aber bezahlt machen, da sich die Nutzer*innen spielerisch mit einem Thema befassen können, dass ihnen sonst keine Freude bereiten würde. Wichtig beim Einsatz von solchen Spielen ist jedoch, genügend Hintergrundwissen zu geben. Ansonsten macht das Spiel zwar Spaß, doch der Lerneffekt bleibt gering.

Abschlussquiz

Bei mehreren Modulen, die einen ähnlichen Aufbau haben, können immer wiederkehrende Abschlussquizze am Ende eines Moduls einen positiven Effekt haben. Die Nutzer*innen erhalten eine Möglichkeit, das eigene Wissen nach der Lerneinheit zu testen und freuen sich unter Umständen sogar darauf. Ähnlich wie bei den Videofragen mittels H5P behalten sie dies im Hinterkopf und gehen daher das gesamte Modul aufmerksamer durch. Zusätzlich werden einige neu erlernte Inhalte wiederholt, sodass die Lernenden die Begriffe aus dem Modul nochmals durchgehen und auch anwenden können. Aber Vorsicht: Auch das Abschlussquiz sollte nicht zu anspruchsvoll sein. Ansonsten könnten die Benutzer*innen für weitere Module weniger Motivation haben.

Fazit

Für das Erstellen eines Lernmoduls ist vorteilhaft zu wissen, welche grundsätzlichen, verschiedenen Lerntypen es gibt. Mit diesem Wissen im Hinterkopf, können verschiedene Arten von Medien (Text, Grafik, Videos mit gesprochener Sprache) eingesetzt werden. So kann das Modul auf mehrere Lerntypen gleichzeitig zugeschnitten werden. Die Kombination mit interaktiven Elementen führt bei den Lernenden zusätzlich zu mehr Motivation und Spaß beim Lernen und spricht gleichzeitig auch noch den kommunikativen Lerntypen an. Es lauern jedoch auch Gefahren: Zu viele interaktive Elemente führen unter Umständen dazu, dass sich die Nutzer*innen überfordert fühlen und den Blick auf das Wesentliche verlieren. Interaktionselemente sollte daher nur gezielt und in Maßen eingesetzt werden.

Beispiele für typische Interaktionselemente sind Videofragen mittels H5P, Eingabefelder mit direktem Feedback, Minigames oder Abschlussquizze. Denkbar ist hier aber grundsätzliche jede Art von Elementen, die sich technisch in die vorgesehene Weiterbildungsplattform einbinden lassen. Fallen Ihnen hier noch weitere ein? Sie können sich auch selbst einen Eindruck der interaktiven Elemente auf der KMU. Einfach Sicher.-Plattform verschaffen.




BL

Björn Leisten

Arbeitsbereich Medienpädagogik und empirische Medienforschung
Seminar: Interaktive Online-Angebote für Erwachsenenbildung entwickeln und testen (WS 21/22)

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